Urteile zu zahn- und kieferorthopädischen Haftungsfällen
1. Fehlerhafte Eingliederung von implantatgetragenen Prothesen
Wird eine Prothese eingegliedert, obwohl die zu diesem Zweck eingebrachten Implantate
wegen fortgeschrittenem Knochenabbaus des Kiefers keinen ausreichenden Halt bieten,
so ist dies ein grober Behandlungsfehler (OLG Köln, NJW-RR 1999, 388).
2. Eingliedern von Brücken bei Schmerzpatienten
Eine Brücke darf bei Schmerzpatienten, denen die Brücke herausgefallen war und die
Ihren Urlaub wegen nicht beherrschbarer Schmerzen im Bereich der provisorisch versorgten
Zähne vorzeitig abbrechen mussten, nicht bereits am ersten Behandlungstag einzementiert
werden (OLG Stuttgart, 14 U 18/97).
3. Einbringen von Zahnersatz vor Parodontosebehandlung
Hat der Patient eine Parodontose und setzt der Arzt, ohne diese zu behandeln, direkt
einen festsitzenden Zahnersatz ein, so gilt dies als fehlerhafte Behandlung (OLG
Hamm, 3 U 26/94).
4. Fehlerhafte Behandlung mit Kortison
Eine Medikation mit Kortison darf nur erfolgen, wenn vorher eine mögliche Infektion
ausgeschlossen wurde. Die Behandlung mit Kortison ohne vorheriger Abklärung einer
Infektion ist grob fehlerhaft ( OLG Hamm, 3 U 11/96).
5. Nichtabdeckung beschliffener Zahnsubstanz
Wird Zahnsubstanz zur Überkronung von Zähnen beschliffen, so muss die künstliche
Krone die beschliffene Zahnsubstanz zur Vermeidung pulpitischer Beschwerden und der
Bildung von Karies komplett abdecken. Die Nichtbeachtung dieser Grundsätze stellt
einen groben Behandlungsfehler dar (OLG Stuttgart VersR 1999, 1017).
6. Aufklärung über mögliche Kieferfraktur
Bevor der Zahnarzt eine Extraktion eines Weißheitszahnes durchführt, hat er den Patienten
auf das Riskio einer Kieferfraktur hinzuweisen (OLG Düsseldorf VersR 1997, 620).
7. Aufklärung über Alternativen zur Versorgung mit Zahnersatz
Der Zahnarzt ist verpflichtet, über medizinisch gleichermaßen indizierte Alternativen
einer prothetischen Versorgung aufzuklären, zum Beispiel über die Möglichkeit teleskopierender
Brückenprothesen anstatt einer transversalen Gaumenplatte (OLG Köln VersR 1999, 1498).
8. Aufklärung vor Materialwechsel
Beabsichtigt der Zahnarzt einen Materialwechsel bei der zahnärztlichen Versorgung,
etwa von Gold auf Palladiumlegierung, so hat er den Patienten vorher darüber aufzuklären
(OLG München, 1 U 1973/00).
9. Verabreichung umstrittener Medikamente
Verabreicht der Zahnarzt dem Patienten umstrittene Medikamente, so hat er vorher
über deren eventuell fehlende Wirksamkeit aufzuklären (OLG München, 1 U 5466/92).
10. Aufklärung vor Total- oder Reihenextraktion
Will der Zahnarzt eine Reihen- oder Totalextraktion durchführen, darf dies erst nach
vorheriger Erhaltungsdiagnostik und Erhaltungstherapieversuchen mit entsprechender
Aufklärung vorgenommen werden (OLG Oldenburg, MDR 1999,676).
11. Abdrucknahme direkt nach parodontalchirurgischer Behandlung
Als grober Behandlungsfehler wird es angesehen, wenn im Anschluss an eine parodontalchirurgische
Behandlung unmittelbar der Abdruck für den bleibenden Zahnersatz genommen wird. Im
Zuge des Heilungsprozesses können sich nämlich Veränderungen einstellen, die den
auf Basis des genommenen Abdruckes gefertigten Zahnersatz unbrauchbar machen (OLG
Düsseldorf, 8 U 82/95).